Vorratsdatenspeicherung: Das Beispiel Georgien im Fall Okruaschwili
Während in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung am kommenden Freitag Gesetz werden soll, zeigte die Regierung in Georgien bereits die Anwendung der Technik, mit der jeglicher Datenschutz der Bürger aufgehoben wird.
Hinter dem sperrigen Wort Vorratsdatenspeicherung versteckt sich die Absicht, für ein halbes Jahr alle Kommunikationsdaten aller Bürger der Bundesrepublik Deutschland zu speichern. Dies gilt für Telefonaten über Festnetz, Handy und iPhone ebenso wie für jede besuchte Webseite und die Adressdaten für jede einzelne e-Mail. Dies hat u. a. zur Folge, dass die Provider für Telekommunikation in Deutschland einen geschätzten dreistelligen Millionenaufwand betreiben müssen, um die Daten der Bürger zu speichern. Zudem wird damit die Privatsphäre in Deutschland aufgehoben und ein Datenmonster geschaffen, durch die jeder Mensch in Deutschland in die Gefahr kommen kann, Opfer der Behörden zu werden. Journalisten in Deutschland wird die Arbeit unmöglich gemacht, da es keinen Schutz der Informanten mehr gibt. Und schließlich jubeln bereits die Anwälte der Musikindustrie, da sie nun jeden Nutzer einer Tauschbörse als Kriminelle verfolgen lassen und mit der Verfolgung der Urheberrechte der Musikindustrie durch Abmahnungen ihren Gewinn in Millionenhöhe steigern können.
Vor der Vorratsdatenspeicherung warnt der gleichnamige Arbeitskreis seit Monaten. Eine erste Demonstration gegen die Sammelwut der deutschen Minister Schäuble und Zypries unter eindeutiger Billigung von Kanzlerin Merkel in Berlin Ende September 2007 hatte mit rund 15.000 Teilnehmern bereits einen großen Zulauf. Weitere dezentrale Demonstrationen fanden am Dienstag u. a. in Köln, Berlin und München statt.
Zeitgleich gab es eine Auseinandersetzung um ein Telefonat zwischen München und Tbilisi. Teilnehmer waren der frühere georgische Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili und der Leiter des Strafvollzugs in Georgien, Batscho Achalaia. Die Staatsanwaltschaft in Tbilisi veröffentlichte am Dienstag ein 20 Sekunden langes Telefonat zwischen beiden. Darin soll Okruaschwili am 3. November dem Apparat der Regierung Saakaschwili angeboten haben, die Demonstration in Tbilisi aufzulösen, wenn er dafür einen Posten als Premierminister bekomme. Dieses Telefongespräch wurde von der Staatsanwaltschaft den Medien in Georgien zur Verfügung gestellt.
Okruaschwili sagte dazu aus München, dieses Telefonat sei vollkommener Unsinn und gefälscht. Er erinnerte an den Fall des Oppositionspolitikers Irakli Batiaschwili. Dieser war wegen eines Telefonats mit dem Warlord Emsar Kwitsiani im Juli 2006 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, obwohl er bestritt, das Telefonat so geführt zu haben und die Richterin nach der Verkündung des Urteils sagte, sie habe sich das Telefonat niemals angehört, sondern nur die Transskription der Staatsanwaltschaft gelesen. Das Urteil gilt als einer der bedeutendsten Justizskandale der Regierung Saakaschwili seit der Rosenrevolution im November 2003.
Quelle: IBK / Civil Georgia / Heise / Der Spiegel, 07.11.2007
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