Meine glückliche Familie: georgischer Film in der Filmkritik

Der georgische Film „Meine glückliche Familie“ ist Juli 2017 in den deutschen Kinos gestartet. Im Film geht es um eine Frau, die sich von ihrer Familie trennt. 

Eine langweilige Geschichte? Für einen deutschen Film vielleicht. Aber in Georgien ist so ein Vorgang etwas sehr, sehr Ungewöhnliches.

Geschichten aus einer georgischen Familie

Manana (Ia Shugliashvili) ist Anfang 50, verdient ihr Geld als Lehrerin. Ihr Mann Soso (Merab Ninidze) lädt einige Freunde und Angehörige der Familie zu einer georgischen Tafel zu ihrem Geburtstag ein. Sie essen, sie trinken, sie singen, nur Manana lässt sich, obwohl in der gleichen Wohnung, nur einmal kurz bei der Tafel blicken. An diesem Abend fällt bei Manana die Entscheidung, die Familie zu verlassen. Sie mietet eine eigene Wohnung und zieht aus. In der Familie gibt es nun ein Erdbeben nach dem anderen...

Nana Ekvtimishvili und Simon Groß haben bereits mit „Die langen hellen Tage“ ein Abbild der georgischen Familie in den 1990er Jahren geschaffen. Mit „Meine glückliche Familie“ haben sie dies nun für eine Familie im 21. Jahrhundert getan. Einer der Söhne hängt den ganzen am Rechner und spielt online-Spiele, was ihn nicht daran hindert, eine junge Frau zu schwängern. Mananas Tochter lebt seit einem Jahr mit ihrem Mann in der Wohnung der Großfamilie und wird nicht schwanger. Dies erweist sich als Vorteil, wie sich später im Film zeigt. Ihre Mutter ergeht sich im Lamentieren darüber, was die Nachbarn denken sollen, weil ihre Tochter...  Aber das sehen Sie besser selbst. All zuviel will ich hier nicht verraten.

Nah am Leben in Georgien

Nana Ekvtimishvili und Simon Groß haben einen großen Teil des Films nicht im Studio gedreht, sondern in der Wohnung einer Großfamilie in Tbilissi, die selbst dort seit Jahrzehnten wohnt. Mit dieser Kulisse, einer an den Personen klebenden Kameraführung und einem spielfreudigen Ensemble, dem man die Geburt in diese Familie voll und ganz abnimmt, ist ihnen ein stimmiges Abbild einer richtigen georgischen Familie gelungen. Ob es um die Themen des täglichen Einkaufs, ein Gelage oder Diskussionen um die Zukunft geht – ich persönlich habe mich genauso gefühlt, wie in der eigenen Familie mit den gleichen Diskussionen. Der Film kriecht förmlich in die Menschen und ihre Wünsche hinein. 

Natürlich singt man im Film eine Menge, Manana selbst ist zweimal an der Gitarre zu sehen und zu hören, und natürlich singen alte und junge Männer auch bei Festen, wie man es kennt, wenn man ein paar Tage in Georgien war. Es gibt schöne Szenen vom Basari, von den Märkten in Tbilissi, und ich habe dort den Käse und das Gemüse gerochen, das ich im April in Gldani auf dem Markt gekauft habe. 

Wenn Sie die Gelegenheit haben und Georgien kennenlernen möchten, wie es von innen aussieht, wenn Sie das Land lieben lernen wollen, dann gehen Sie in den Film. 

Ich habe mich jedenfalls richtig amüsiert. 
Thomas Berscheid, 13. Juli 2017